Reform der GAP

Die letzte Reform der 1962 eingeführten Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union wurde 2013 vorgenommen. Die derzeitigen GAP-Regeln laufen am 31. Dezember 2020 aus. Bis zum Abschluss der laufenden GAP-Reform, der Parlament und Rat zustimmen müssen, sollen die bisherigen Regeln durch Übergangsregeln ersetzt werden.

Auf die GAP entfallen mit  34,5 % ein Großteil des EU-Haushalts für 2020. Rund 70 % der GAP-Mittel fließen in die Stützung der Einkommen von sechs bis sieben Millionen landwirtschaftlichen Betrieben in der EU.

Dabei verteilen sich die EU-Förderungen auf zwei Säulen:

1. Säule: Direktzahlungen an die Landwirte, die, bei Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen, je Hektar landwirtschaftlicher Fläche gewährt werden

2. Säule: Gezielte Förderprogramme für die nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und die ländliche Entwicklung

Nach fast 42-stündigen Verhandlungen gelang es den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, eine Einigung über die milliardenschwere Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik  zu erzielen, die die europäische Landwirtschaft im Zeitraum von 2023 und 2027 regeln wird.

Die europäischen Landwirtschaftsminister einigten sich nach einer fast zweitägigen Besprechung in Luxemburg auf einen Kompromissvorschlag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.

EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski begrüßte die Übereinkunft der EU-Staaten auf eine Verhandlungsposition zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Es gebe in dem gefunden Kompromiss Aspekte, mit denen die Kommission zufriedener ist als mit anderen. Die Einigung sei jedoch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament, sagte er in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Die drei Verordnungen, die diese Reform ausmachen sind die der nationalen Strategiepläne, die der gemeinsamen Marktorganisation und die der Verordnung über die Finanzierung der Beihilfen. Nur Litauen stimmte gegen das Abkommen, während sich Lettland, Bulgarien und Rumänien enthielten.

Zu den Zielen der künftigen GAP gehören die Verbesserung des Umweltschutzes und die Bekämpfung des Klimawandels, die Förderung und Weiterentwicklung von nachhaltiger Energie sowie die Gewährleistung einer effizienten Ressourcenwirtschaft.

Die neue GAP soll zudem einen aktiven Schutz der biologischen Vielfalt darstellen und zur Verbesserung der Ökosysteme sowie zur Erhaltung von Lebensräumen und Landschaften beitragen.

Die Mitgliedstaaten werden die Maßnahmen der neuen GAP im Rahmen eines nationalen Strategieplans umsetzen, dessen Ausarbeitung vor seiner Anwendung von der Europäischen Kommission genehmigt werden muss. Eine der wichtigsten Neuerungen sind die Öko-Regelungen, ein Instrument, das dazu dient, explizit landwirtschaftliche und tierzüchterische Praktiken zu fördern, die sich vorteilhaft auf Klima und Umwelt auswirken und an Umweltprogrammen teilnehmen. Das hatten vor allem mittel- und osteuropäische Staaten bis zuletzt abgelehnt, da sie befürchteten, Gelder aus Brüssel zu verlieren, wenn nicht genügend Landwirte an den Umweltprogrammen teilnehmen. Darüberhinaus stimmten  die europäischen Landwirtschaftsminister dafür, mindestens 20% der EU-Direktzahlungen für diese sogenannten Eco-Schemes zu verwenden. Mit dem vereinbarten Mindestanteil von 20 Prozent wäre in Deutschland eine Milliarde Euro im Agrarbudget für die Eco-Schemes vorgesehen, so Klöckner. Für die Einführung der Öko-Regelung ist eine zweijährige Übergangsphase anberaumt.

Die GAP für den Zeitraum 2023-2027 wird mit rund 390.000 Millionen Euro aus dem europäischen Haushalt finanziert.

Nach der Einigung im Rat, stimmte auch das Europäische Parlament über seine Haltung zur GAP-Reform ab.

Der Standpunkt des Parlamentes umfasst folgende zentrale Elemente:

  • Mindestens 30 % der Mittel der ersten Säule für die Öko-Regelungen
  • Höhere Strafen bei wiederholten Verstößen – z. B. in den Bereichen Umweltschutz oder Tierschutz
  • Bis zu 12 % Umverteilung aus der ersten in die zweite Säule
  • Begrenzung der jährlichen Direktzahlungen auf 100 000 Euro, mehr Unterstützung für kleinere Betriebe
  • Mindestens 5 % der betrieblichen Flächen für „nicht produktive“ Zwecke mit der Option, national auf 10 % zu erhöhen
  • Bis zu 5 % sollen aus der zweiten in die erste Säule verschoben werden können, wenn damit die Öko-Regelungen gestärkt werden (für Mitgliedstaaten, deren nationaler Durchschnittsbetrag pro Hektar unter dem EU-Mittel liegt soll eine Erhöhung auf 12% erfolgen)
  • Maßgeschneiderte Krisenhilfe für Landwirte

Jetzt folgt der sogenannte Triolog, in dem der Rat, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament die Verhandlungen über die Verordnungen abschließen werden. In den Triologverhandlungen werden die noch abweichenden Standpunkte von Rat, Kommission und Parlament in Einklang gebracht. Ziel ist, dass die neue GAP ab 2023 in Kraft tritt. Um den Mitgliedsstaaten ausreichend Zeit einzuräumen ihre nationalen Strategiepläne auszuarbeiten, soll der  den Trilog die Agrarreform bis Ende März 2021 abschließen.

Kritik

Während Bundesagrarministerin Klöckner von einem, „Systemwechsel“ spricht, stößt die milliardenschwere Reform bei vielen Umweltschützern und Klimaaktivisten auf große Kritik.

Der für den Green Deal und Klimaschutz zuständige Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, will die künftige EU-Agrarpolitik nicht ausschließlich den Agrarpolitikern überlassen. Er setzt sich zusammen mit Agrarkommissar Janusz Wojciechowski in den am Dienstag (10.11.2020) gestarteten Trilogverhandlungen mit Rat und Parlament dafür ein, Europas Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. „Wenn wir klimaneutral sein wollen bis 2050, dann müssen sich viele Bereiche ändern. Auch die Agrarpolitik. Und die Landwirte haben da ein ganz großes Interesse“, so Timmermans in einem Interview mit dem ARD-Studio Brüssel. Er sei „enttäuscht, dass der Rat und das Europäische Parlament nicht mehr Ambitionen gezeigt haben, dass sie doch festhalten an einer Agrarpolitik, die nicht nachhaltig ist, die nicht so weitermachen kann“. Wenn der Schwenk zu mehr Nachhaltigkeit, Klima- und Artenschutz nicht gelinge, werde auch die Landwirtschaft durch Ernteeinbußen leiden.

Die großindustrielle Landwirtschaft wurde oft dafür verantwortlich gemacht, dass sie zum Verlust der Artenvielfalt und zu wachsenden CO2-Emissionen beiträgt und durch den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln Boden und Wasser verschmutzt. Umweltschutzorganisationen und Klimaaktivisten haben das System der Direktzahlungen pro Hektar der GAP kritisiert und ihr vorgeworfen, statt Umweltleistungen lediglich Fläche zu bezuschussen.

Auch nach dem neuen Vorschlag werden mehr als die Hälfte der Subventionen für Fläche ausgezahlt und nicht an Schutzmaßnahmen wie Hecken- und Blühstreifen und Brachflächen geknüpft, sodass weiterhin mehr Gelder an die landwirtschaftlichen Großbetriebe gehen.

Neben der Bindung von Agrarförderungen an Natur- und Tierschutzstandards wird von Umweltschützern und Klimaaktivisten weniger  Einsatz von Pestiziden, weniger Antibiotika in der Tierzucht, weniger Gülleeinsatz, ein größeres Augenmerk auf die Tierhaltung und mehr Schutzgebiete auf dem Land und auf dem Meer gefordert.

Tobias Reichert, Teamleiter Welternährung und Landnutzung bei der Umweltschutzorganisation Germanwatch, kritisierte die Reformen im Interview mit Deutschlandfunk ebenfalls als unzureichend. Die in der Reform vorgesehenen Mittel für Umweltprogramme sieht er als unzureichend an, um die von der EU gesteckten Klimaziele zu verwirklichen. Zur Umsetzung der Ziele müssten mindestens 40 Prozent der Direktzahlungen als Eco-Schemes ausgestaltet werden, so Reichert.


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