Neue Klimaziele und Klimastrategien der EU

Wie bereits von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Rede zur Lage der Union angekündigt, hat die EU-Kommission einen Vorschlag vorleget, der  vorsieht, das EU-Klimaziel für 2030 auf mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 anzuheben. Das bisherige Ziel lag bei 40 Prozent.

Die Umsetzung des ehrgeizigen neuen Emissionsreduktionsziels ist laut umfassenden Folgenabschätzung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen realistisch und machbar.

Der neue Zielwert, für den noch die Zustimmung von Rat und Parlament benötigt wird, soll dazu beitragen, die wirtschaftliche Erholung Europas von der Coronavirus-Pandemie zu unterstützen und die globale Führungsrolle der EU im Vorfeld der nächsten UN-Klimakonferenz (1.-12. November 2021) zu unterstreichen.

Die Kommission unterbreitete zudem die bis Juni 2021 vorzulegenden Legislativvorschläge, die zur Realisierung des neuen Zieles notwenig sind. Diese Vorschläge umfassten unter anderem die Überarbeitung und Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems, Änderungen der Energieeffiziensrichtlinie und der Erneuerbare-Energien-Richlinie, die Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge sowie die Anpassung der Lastenteilungsverordnung

Um diesen ambitionierten Zielen gerecht werden zu können, hat die Kommission eine EU-Strategie vorgelegt, um die Methanemissionen in der EU und weltweit zu senken. Methan trägt nach Kohlendioxid am stärksten zum Klimawandel bei. In einem Zeitraum von 100 Jahren hat Methan ein 28-mal größeres Treibhauspotenzial als Kohlendioxid und ist auf einer 20-Jahres-Skala 84-mal wirkungsstärker als Kohlendioxid. Methanemissionen sind daher für die EU-Klimaziele für 2030,  die angestrebte Klimaneutralität bis 2050 und das Null-Schadstoff-Ziel im Rahmen des Grünen Deals von hoher Relevanz. Darüber hinaus ist Methan ein starker lokaler Luftschadstoff und trägt zur Ozonbildung bei, die ihrerseits ernsthafte Gesundheitsprobleme verursacht. Als lokaler Luftschadstoff verursacht Methan zudem schwerwiegende Gesundheitsprobleme. 

Seit 2013 steigen die Methanemissionen aus der Landwirtschaft in der EU. Mehr als die Hälfte der europäischen Methanemissionen stammt aus diesem Sektor. Da Methan Hauptbestandteil von Erdgas ist, sind auch die Emissionen aus der Förderung, Verarbeitung und dem Transport von Erdgas von großer Bedeutung.

Die vorgestellte Strategie enthält daher Vorschläge zur Methanemissions-Senkung für legislative und nichtlegislative Maßnahmen in den Sektoren Energie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft.

Neben der Strategie zur Senkung der Methanemission, verabschiedete die EU-Kommission zudem die EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit. Sie ist ein weiterer Schritt in Richtung des Null Schadstoff-Ziels für eine schadstofffreie Umwelt, das im europäischen Grünen Deal angekündigt wurde. Die Kommission möchte mit dem Konzept innovative Lösungen für sichere und nachhaltige Chemikalien fördern und den Schutz des menschlichen Wohlbefindens und der Umwelt vor gefährlichen Chemikalien erhöhen. 

Teil der Strategie ist das Verbot der schädlichsten Chemikalien in Verbraucherprodukten wie Spielzeug, Babyartikeln, Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und Textilien, sofern sie nicht nachweislich unverzichtbar für das Allgemeinwohl sind. 

Die Vorteile der Chemikalien sollen voll ausgeschöpft werden, ohne für den Menschen oder den Planeten, weder jetzt, noch in der Zukunft, eine Gefahr dazustellen. Aus diesem Grund wird sichergestellt, dass alle verwendeten Chemikalien sicherer und nachhaltiger sind.

Die Europäische Kommission legte außerdem den Bericht zur Lage der Energieunion 2020 vor. Es handelte sich hierbei um die erste Auswertung seit der Annahme des Grünen Deals. Die Kommission  nahm eine umfassende Bestandsaufnahme der Fortschritte vor, die bislang der europäischen Energie- und Klimapolitik erzielt wurden. Die Bilanz gliedert sich in fünf Teilbereiche: 

Ihr Ziel, ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 1990 zu senken, hat die EU, laut des Berichts, bereits übertroffen. Das die Treibhausgasemissionen der 27 EU-Länder auf dem niedrigsten Stadt seit 1990 sind, ist hauptsächlich auf den Rückgang der Emissionen durch Energieerzeuger und Industrie zurückzuführen, die seit 2005 durch das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) reguliert werden.

Die Treibhausgasemissionen aus anderen Bereichen, die nicht unter das EU-EHS fallen, wie beispielsweise Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft sind hingegen weitergehend stabil geblieben oder sogar angestiegen.

Im Rahmen der sogenannten „Governance der Energieunion“ hat die Kommission darüber hinaus die Fortschritte und Ambitionen aller 27 EU-Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der Klima- und Energiezielen für 2030 bewertet. Der Bilanz der EU-Kommission ist zu entnehmen, dass die Mitgliedssaaten auf gutem Wege sind, diese Ziele zu erreichen. Es wurde jedoch auch im Einzelnen Kritik geäußert und länderspezifische Handlungsempfehlungen ausgesprochen. Die nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) sollen einen klaren Weg für den Zeitraum von 2021-2020 vorgeben und im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise und des Vorschlags „Next Generation EU“ ein wichtiges Grundelement der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden.

EU-Parlament stimmt für Verschärfung der Klimaziele

Das EU-Parlament hat den Vorschlag der Europäischen Kommission, die europäischen Klimaziele zu verschärfen in Gänze angenommen - und sogar noch verschärft. Mit einer knappen Mehrheit von rund 56 Prozent der Abgeordneten, entschied das EU-Parlament für die Verschärfung des Klimaziels, das nun vorsieht bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 60 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken und geht damit über bisherige Pläne, die eine Senkung von 55 Prozent vorsahen, hinaus.

In die Berechnungen soll darüberhinaus nicht miteinfließen, wenn etwa die Landwirtschaft der Atmosphäre CO2 entzieht, was das Ziel noch ehrgeiziger macht.

Das Klimaziel soll helfen, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten und die gefährliche Überhitzung der Erde zu stoppen. Zudem soll das Großprojekt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu formen,  gesetzlich verankert werden

Da es sich bei dem EU-Parlament jedoch nur um einen der beiden EU-Gesetzgeber handelt, ist das neue Klimaziel der EU somit noch nicht amtlich. Der Rat der EU (EU-Ministerrat), die zweite gesetzgebende Institution, die sich aus den Fachministern der 27 Mitgliedsstaaten zusammensetzt, hat seine Position noch nicht festgelegt. Deutschland nimmt dabei einen vermittelnden Posten ein, da es noch bis Ende des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft innehat und plant, die Entscheidung durch die Runde der 27 Umweltminister im Ministerrat treffen zu lassen.

Als Bremser gilt insbesondere Polen, das einen Großteil seiner Energie noch aus Kohle gewinnt und mit steigenden Klimaambitionen erhebliche wirtschaftliche Nachteile befürchtet.

Auch Bulgarien und Tschechien lehnen die weitreichenden Klimaziele als nicht umsetzbar ab.

Oftmals geht das EU-Parlament mit hohen Forderungen voran, welche dann von den Mitgliedsstaaten in Verhandlungen heruntergestuft werden. Ein ähnliches Vorgehen ist auch in diesem Fall denkbar.

Das EU-Parlament beschloss zudem die Einführung eines EU Klima-Rats, der sich aus 15 unabhängigen Wissenschaftlern zusammensetzen soll.

Des Weiteren soll es zum Verbot von fossilen Brennstoffen kommen, wovon insbesondere Steuerprivilegien für Dienstwagen oder Flugbenzin betroffen wären.