EU-Haushalt

Einigung für EU-Haushalt und Wiederaufbauinstrument „Next Generation EU

Am 10. November 2020 erzielten die Verhandlungsführer des Rats der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments eine vorläufige politische Einigung über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und das befristete Aufbauinstrument „NextGenerationEU“ zur Bekämpfung der Folgen der Covid-19-Pandemie. Das mit über 1,8 Billionen Euro ausgestattete Paket wird das umfangreichste, je über den EU-Haushalt finanzierte Paket sein. 1.074 Billionen Euro sind dabei für den Mehrjährigen Finanzrahmen vorgesehen während 750 Milliarden Euro für den Corona-Wiederaufbaufonds angedacht sind.

Zusätzlich zu den von den EU-Staats- und Regierungschefs im Juli vereinbarten Beträgen, handelte die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 16 Milliarden Euro mehr für Schlüsselprogramme wie Gesundheit, Humanitäre Hilfe, das Programm für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ und  das Austauschprogramm „Erasmus+“aus.

Damit Europa nach COVID-19 grüner, digitaler und widerstandsfähiger aus der Krise hervorgeht und für die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen besser vorbereitet und ausgerüstet ist, setzt das Paket bei den Ausgaben klare Schwerpunkte in den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung.

Während mit dem Übereinkommen zwischen den Verhandlungsführern von Rat und Europäischem Parlament bereits eine wichtige Hürde bis zur Verabschiedung des Pakets genommen werden konnte, müssen bis dahin noch weitere Hindernisse überwunden werden. So muss das Europäische Parlament als Ganzes dem Siebenjahreshaushalt, wenn dieser in Gesetze übersetzt wurde, zustimmen, und auch der Rat muss den Haushalt einstimmig absegnen. Der Rat muss zudem auch den so genannten Eigenmittelbeschluss, die Rechtgrundlage für die Finanzierung sämtlicher EU-Ausgaben, einstimmig verabschieden. Der Eigenmittelbeschluss wiederum bedarf der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente.

Der ungarische Premierminister Viktor Orbán droht damit, sowohl den EU-Haushalt als auch die Aufbaufonds wegen eines neuen Mechanismus zu blockieren, der die EU-Finanzierung mit der Achtung der Rechtsstaatlichkeit verbindet. Auch Polen droht aufgrund des geplanten Rechtsstaatsmechanismus, der laut dem polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki auf „willkürlichen, politisch motivierten Kriterien“ basiert, mit einem Veto gegen die Vereinbarung.

Die EU-Kommission begrüßt die vorläufige Einigung auf den langfristigen EU-Haushalt und das Aufbauinstrument "NextGenerationEU". „Wir müssen jetzt eine Einigung über den nächsten langfristigen Haushalt und über „NextGenerationEU“ bis Jahresende zustande bringen“, sagte die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen.

-  UPDATE  - 

Aus Protest gegen die Klausel im Haushaltgesetz, die den Zugang zu Geldern von der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit abhängig macht, blockierten Ungarn und Polen am 16. November 2020 die Verabschiedung des EU-Haushalts 2021-2027 und des milliardenschweren Corona-Konjunkturpakets. Die Botschafter der EU-Regierungen sollten bei einem Treffen in Brüssel einen mit dem Europäischen Parlament erzielten Kompromiss über das 1,8 Billionen-Paket unterstützen, konnten dies aber wegen des Vetos aus Warschau und Budapest nicht tun.

Bei einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs wurde am 19. November 2020 ein erster Versuch unternommen, den Streit zu lösen. Doch auch der Videogipfel führte nicht zum gewünschten Durchbruch in der EU-Finanzplanung, da sowohl Polen als auch Ungar ihre Position bekräftigten. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich darauf, vorerst nicht weiter auf die Streitpunkte einzugehen und die Beratungen auf Expertenebene weiterzuführen.

Welche Folgen kann das ungarische und polnische Veto haben?

Sollte es nicht gelingen, die Meinungsverschiedenheit beizulegen und den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und das befristete Aufbauinstrument „NextGenerationEU“ der EU in den kommenden Wochen zu ratifizieren, hätte dies nachteilige Folgen für die EU-Mitgliedstaaten - einschließlich Polen und Ungarn selbst.

Ohne eine Haushaltsvereinbarung Anfang Dezember müsste die EU auf einen Nothaushalt zurückgreifen. Die Kohäsionszahlungen würden für bestehende Projekte fortgesetzt. Allerdings könnten geplante Projekte und Programme in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Forschung und in der Jugendarbeit nicht begonnen werden, was insbesondere ärmere EU-Mitgliedsstaaten treffen würde.

Neue Gelder würden nur noch der EU-Verwaltung, humanitären Hilfe, Außen- und Sicherheitspolitik und der Agrarförderung zur Verfügung stehen.

Zudem wäre es der EU-Kommission nicht möglich, damit zu beginnen, auf dem Finanzmarkt die Gelder für die geplanten Corona-Hilfen zur Unterstützung der Wirtschaft aufzunehmen. Die Covid-19-Hilfen in Höhe von 750 Milliarden Euro, auf die viele EU-Staaten so dringend hoffen und zu deren Hauptnutznießern auch Polen und Ungarn gehören, lägen dann auf Eis.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

Neben eines theoretischen Kompromisses im Streit um den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus, ist es möglich, dass die Stimmrechte von Polen und Ungarn im Rat der EU aufgehoben werden, sodass das EU-Finanzpaket verabschiedet werden kann. Dieses Vorgehen könnte jedoch eine tiefe Spaltung innerhalb der EU nach sich ziehen.

Zudem ist es denkbar, das Veto der beiden Staaten zu umgehen, indem die verbleibenden 25 EU-Mitgliedsstaaten einen zwischenstaatlichen Vertrag über den Corona-Wiederaufbaufonds, nach dem Vorbild des Euro-Rettungsfonds ESM, abschließen könnten.

Da Deutschland zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, kommt der Bundeskanzlerin eine Vermittlerrolle zu. «Das ist ein schon sehr ernsthaftes Problem, das wir zu lösen haben», sagte sie. «Wir werden hart und ernsthaft daran arbeiten.» Deutschland werde alle möglichen Optionen ausloten. «Da stehen wir noch ganz am Anfang», so Angela Merkel.

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