Die europäische Zulassung der COVID19-Impfstoffe – Gemeinsam gegen Corona?

Am 21. Dezember 2020 hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (kurz: EMA) ihren Bericht vorgestellt, in dem sie die Zulassung des ersten Corona-Impfstoffs von BioNTech/Pfizer innerhalb der EU empfehlen. Am selben Tag genehmigte die Europäische Kommission die Zulassung dieses Impfstoffes. Bei dem Zulassungsverfahren hatten sich die EU-Staaten dazu entschieden, gemeinsam eine europaweite Marktzulassung des Impfstoffes anzustreben. Dies bedeutete, dass während in Ländern wie England, Kanada, Schweiz und USA bereits mit dem Impfen begonnen werden konnte oder dies bald gestartet werden soll, die Nationalstaaten der EU immer noch auf die Zulassung warteten - trotz erschreckender Zuspitzung des Infektionsgeschehens.

Besonders in Deutschland wurden kritische Stimmen am Prozedere laut, schließlich ist es ein deutscher Impfstoff, entwickelt vom Mainzer Unternehmen BioNTech und seinem amerikanischen Partner Pfizer, welcher in anderen Ländern nun früher zur Verfügung steht, als in Deutschland. So sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach bei einem Interview mit dem Online-Magazin t-online, dass er es für erklärungsbedürftig halte, „dass Großbritannien schon einen deutschen Impfstoff einsetzen kann, wir aber noch nicht“. Er mahnt: „Deutschland hat beim Impfen fünf Wochen verloren. Das kostet mitten in der zweiten Welle viele Todesopfer“.

Wie funktioniert das Zulassungsverfahren in der EU?

Ziel der EU-Kommission ist, innerhalb von 18 Monaten nach der Zulassung alle EU-Bürger*innen mit einem erschwinglichen Impfstoff gegen das Coronavirus zu versorgen. Dies hatte sie bereits im Juni 2020 im Rahmen der EU-Impfstoffstrategie vorgestellt.

Für das Verfahren der Zulassung von Impfstoffen haben die EU-Länder entschieden, dass kein EU-Mitgliedsstaat im Alleingang einen Impfstoff zulassen kann. Die Ausnahme dazu wäre eine Notfallzulassung, bei der das erteilende Land über die Daten, die für eine Zulassung zu prüfen sind, selber entscheidet. Dadurch würde dieses Land eine größere Verantwortung für die Sicherheit des Impfstoffes tragen. Diese Verantwortung hat die britische Regierung kurz vor dem Brexit, also dem Austritt Großbritanniens aus der EU, auf sich genommen und die britische Aufsichtsbehörde für Arzneimittel (Kurz: MHRA) erteilte eine Notfallzulassung für den Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer.

Am 1. Dezember 2020 hatten BioNTech/Pfizer und der US-Konzern Moderna bei der EMA eine Zulassung auch innerhalb der EU für ihre entwickelten Impfstoffe beantragt. Damit begann das Verfahren zur Zulassung eines COVID-19-Impfstoffs in der EU. Zunächst werden alle von den Impfstoffentwicklern vorgelegten Nachweise und Daten einer Überprüfung unterzogen. Eine positive Empfehlung gibt die EMA erst dann ab, wenn die vorgelegten Nachweise überzeugend belegen, dass die Impfung einen größeren Nutzen hat als Risiken. Rechtlich verantwortlich für die Zulassung ist die Europäische Kommission. Nach der positiven Empfehlung der EMA unterrichtet die Kommission die Mitgliedsstaaten. Sofern eine Mehrheit den Einsatz der Impfstoffe befürwortet, kann die Kommission die Zulassung genehmigen.

Der Einsatz von Schnellverfahren in Notfallsituationen

Aufgrund der Dringlichkeit des stark ansteigenden Infektionsgeschehens hat die EMA ein Schnellverfahren für die Überprüfung der Impfstoffe eingeführt. Dies wird durch fortlaufende Überprüfungen ermöglicht. Das bedeutet, dass die EMA die Daten der Impfstoffhersteller bewerten kann, sobald sie verfügbar sind, anstatt darauf zu warten, dass alle Versuche abgeschlossen sind. Auch die EU-Kommission verkürzt die administrativen Schritte für ein Zulassungsverfahren, denn alle wichtigen Entscheidungen sollen innerhalb von drei Tagen nach der Empfehlung getroffen werden. Die EMA hat am 21. Dezember 2020 die Zulassung des Impfstoffes von BioNTech/Pfizer empfohlen. Voraussichtlich am 6. Januar wird die EMA ihre Entscheidung über die Empfehlung der Zulassung des Moderna-Impfstoffes treffen.

Zunächst war geplant, dass es einen einheitlichen Start der Impfungen in den EU-Ländern geben soll. Die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte dazu, dies sei „Europas Moment“. Wenig später zeigte sich jedoch, dass der Start nicht einheitlich sein wird. So erklärte beispielweise das Gesundheitsministerium der Niederlande, dass sie erst am 8. Januar 2021 mit der Impfung beginnen wollen, während die meisten EU-Staaten sich für einen Impfstart Ende Dezember aussprechen. Deutschland plant am 27. Dezember 2020 mit dem Impfen zu starten.

Warum dauert die Zulassung der Impfstoffe in der EU so lange?

Trotz des beschleunigten Verfahren dauert die Zulassung in der EU länger als in anderen Ländern. Grund dafür ist, dass die Impfstoffhersteller der EMA mehr Daten für eine Zulassung zur Verfügung stellen müssen als dies in Großbritannien zum Beispiel der Fall war. BioNtech/Pfizer bestätigten dies. Die EMA fordert von ihnen mehr Daten aus den Testergebnissen über mögliche Nebenwirkungen des Impfstoffs im Vergleich zur MHRA in Großbritannien. Auch nimmt die EMA bei aller Eile keine Abkürzungen in Kauf. Wie bei jedem anderen Impfstoff mussten alle drei Phasen der klinischen Prüfung von den Impfstoffherstellern abgeschlossen und die Daten daraus zur Auswertung bereitgestellt werden. Um diesen Prozess zu beschleunigen haben einige Impfstoffentwickler, wie BioNTech/Pfizer, alle klinischen Studien parallel durchgeführt.  

Ein längeres Zulassungsverfahren als Mittel gegen Impfskepsis

Deutschland hält, trotz der bereits erwähnten Kritik, an dem gemeinsamen Zulassungsverfahren der EU fest. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verteidigte den Prozess in einem Interview mit den ARD-Tagesthemen. Nach Spahn ist eine genaue Prüfung der Daten wichtig für das Vertrauen der Bürger*innen in den Impfstoff. Eine Notfallzulassung bevor alle Daten geprüft wurden, wie in Großbritannien, würde dieses Vertrauen beschädigen. Seine Sorge scheint nicht unberechtigt zu sein. Bis jetzt ist die Impfbereitschaft in Deutschland in Bezug auf das Coronavirus noch zurückhaltend. Im November 2020 gaben gerade mal 37 Prozent der Befragten an, dass sie „auf jeden Fall“ grundsätzlich bereit wären, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Weitere 34 Prozent würden sich „wahrscheinlich“ impfen lassen. Dagegen geben 14 Prozent der Befragten an sich „wahrscheinlich nicht“ bzw. 15 Prozent sich „auf gar keinen Fall“ impfen zu lassen. Auch in anderen EU-Ländern ist ein Teil der Bürger*innen skeptisch gegenüber einer Impfung. Zum Beispiel will die Hälfte der Bevölkerung in Schweden sich nicht gegen Corona impfen lassen.

Hier finden Sie weitergehende Informationen zum Thema COVID-19-Impfungen auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit!

Was ist die EMA?

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